Die Wirkung des physischen Umfelds auf den Lernfortschritt der Schüler

Professor Peter Barrett ist pensionierter Professor an der School of the Built Environment der Universität Salford, Honorary Research Fellow am Department of Education der Universität Oxford und strategischer Berater für Schulgestaltung. Wir unterhielten uns mit ihm über seine aufschlussreichen Forschungen zur Schulgestaltung und die wichtige Rolle, die die Beleuchtung für den akademischen Fortschritt spielt.

Laut Professor Barrett wird bei den meisten Forschungsarbeiten zur Schulgestaltung das eine oder andere Merkmal des Themas untersucht. In ihrer Studie untersuchten Prof. Barrett und sein Team jedoch alle Aspekte gleichzeitig und berücksichtigten deren kombinierte Wirkung. So konnten sie die Merkmale eines "optimalen Raums für das Lernen" herausarbeiten.

Gesund, spannend und individuell

Wir fragten ihn, wie er gutes Design von Schulgebäuden definieren würde und wie es sich auf das dort stattfindende Lernen auswirken könnte. Professor Barrett antwortete, dass ein Raum "gesund" (oder "natürlich") sein muss, "spannend" und einen "individuellen" Kontext bieten muss, "in dem die Schüler das Gefühl haben, dass sie etwas zu sagen haben", um das Lernen zu unterstützen. Es ist schwierig, all diese Dinge gleichzeitig richtig zu machen, da sie im Widerspruch zueinander stehen können, aber zusammen können sie eine tiefgreifende Wirkung auf das Lernen haben.

"Unsere HEAD-Studie (Holistic Evidence and Design), die vom britischen Engineering and Physical Sciences Research Council finanziert wurde, ergab, dass die Unterschiede in den physischen Merkmalen der Schule 16 % der Unterschiede im Lernfortschritt der 3766 Kinder in den 153 untersuchten Klassenzimmern über ein Jahr erklären. Dies ist ein enormer Effekt."

Wechselwirkende Faktoren

Laut Professor Barrett kann man Zusammenhänge und Hinweise erhalten, wenn man so ziemlich jeden Aspekt unabhängig voneinander betrachtet, z. B. Luftqualität oder Beleuchtung. Dies kann jedoch irreführend sein, da alle Faktoren interagieren und konkurrieren. Daher ist es wichtig, alle Faktoren zusammen zu betrachten, denn so erleben wir Räume ja ohnehin.

"Darüber hinaus muss man auch die Auswirkungen der individuellen Merkmale der Kinder herausrechnen. Wenn man das nicht tut, verwirrt das die gesamte Analyse", fügte er hinzu.

 

Kann die Beleuchtung zum besseren Lernen beitragen und wenn ja, wie?

Professor Barrett erklärte, dass etwa ein Fünftel dieser insgesamt 16 % auf Beleuchtungsprobleme zurückzuführen ist. Er führte aus, dass es wichtig ist, das richtige Gleichgewicht zwischen Tageslicht und künstlicher Beleuchtung zu finden.


-Ein gewisses Mass an Tageslicht ist gut, weil es den Menschen ein Gefühl für die Zeit gibt. Aber man darf auch nicht zu viel Licht haben. Das führt zu Blendung und anderen Problemen." Wir waren neugierig, wie er diese Information gewonnen hat.


Prof. Barrett antwortete: "Wir haben bestimmte, recht einfache Methoden, um die Beleuchtung zu messen, etwa die Grösse der Fenster und ihre Ausrichtung. Und die Qualität und Anzahl der Leuchten und deren Lichtverteilung. Wir haben diese Beleuchtungsmasse als Teil unserer mehrstufigen Modellierung (eine Form der Versuchsanalyse) verwendet, um herauszufinden, wie die Gewichtung der einzelnen Faktoren in Bezug auf den Lernfortschritt ist."

Gibt es Herausforderungen bei der Umsetzung einer Human Centric Lighting Lösung? Wenn ja, wie können wir sie Ihrer Meinung nach überwinden?

Professor Peter Barrett sagte, dass es nicht allzu schwierig sei, einen angemessenen Standard zu erreichen. Man braucht "moderne Leuchten", "genügend davon", "örtlich gesteuert", " unbeschattete Fenster" und "einfach zu bedienende Jalousien".

"Über diese grundlegende Basis hinaus wird es Möglichkeiten geben, die Umgebung mit ausgefeilteren Ansätzen zu verbessern, z. B. mit einer dynamischen Beleuchtung, dem Einsatz von Farben oder sorgfältig platzierten Lichtquellen usw."

Eine Herausforderung an das Bewusstsein

Das Bewusstsein für die Bedeutung einer idealen physischen Lernumgebung zu schärfen, kann eine echte Herausforderung sein, so Prof. Barrett. Das liegt daran, dass "die Lehrer mit einer Vielzahl von Informationen überhäuft werden. Und da ihnen das Geld fehlt, fällt es ihnen schwer, etwas zu tun, aber es gibt eine grosse Bereitschaft, alles zu tun, was hilft.


"Wir haben die Informationen so umfassend wie möglich zur Verfügung gestellt. Designer und Lehrer haben sie mit Begeisterung aufgenommen. Die Menschen haben auf Twitter darüber gesprochen und die auf unserer Webseite verfügbaren Fallstudien genutzt. Wir haben großartige Rückmeldungen erhalten. Viele dieser Dinge sind recht einfach zu bewerkstelligen. Aber es gibt auch einen Designaspekt. Einige Unternehmen wie IBI, das die Pilotstudie zu unserer Arbeit finanziert hat, haben inzwischen allgemeine Designs entwickelt. Diese werden für den Bau neuer Schulen verwendet.


Die Forschung von Prof. Peter Barret bestätigt, dass Stimulation, Individualität und Natürlichkeit (oder SIN) eine tiefgreifende Wirkung auf die Menschen haben, die sich in einem Raum aufhalten.

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Ein Human Centric Model

Wir fragten Prof. Barret, ob es bestimmte Bereiche des SIN-Analysemodells gibt, die weiterer Forschung und Entwicklung bedürfen?
Er antwortete: "Das SIN-Modell ist sehr robust. Es geht nicht nur um Kinder. Es ist ein Modell, das den Menschen in den Mittelpunkt stellt und auf einer breit angelegten Forschung basiert, die viele verschiedene Quellen nutzt. Es lässt sich gut auf Büros, Krankenhäuser und alle Orte übertragen, an denen sich Menschen aufhalten. Denn wir sprechen darüber, wie sie auf Dinge reagieren. Den Untersuchungen zufolge liegt die Verteilung der Faktoren zu 50 % im natürlichen Bereich, wie Wärme, Schall und Luftqualität. Und zu 50% in den Bereichen Individualität und Stimulationsniveau.


Prof. Barrett ist der Ansicht, dass der Hauptbereich, in dem mehr Forschung betrieben werden könnte, die Gestaltung und Flexibilität von Schulen ist, die mit den Lehrmethoden und dem Stil der Lehrer zusammenhängt, und die Idee einer produktiven " Verbindung " zwischen diesen beiden Aspekten. Er schlug vor, dass die Beleuchtungsindustrie dazu beitragen könnte, die erforderliche Flexibilität bei der Raumnutzung durch den Einsatz von Licht zu erreichen: "Man könnte zum Beispiel einen Raum sehr schnell verändern, indem man Teilbereiche mit Licht schafft." Ein weiterer potenzieller Untersuchungsbereich betrifft haptische Aspekte, wie die Art der Oberflächen, rau oder glatt, natürliche Materialien usw.